Roter Stadtrundgang der SPD-Bremerhaven

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Hauptkontor des Konsum- und Sparvereins Unterweser

Georg-Seebeck-Straße 58

Bereits am 24. Sep­tem­ber 1902 wurde der „Kon­sum­ver­ein für Bre­mer­ha­ven und Umge­gend e.G.mbH.“ mit 147 Mit­glie­dern gegrün­det.

Zunächst galt es, die not­wen­di­gen Gel­der für den Waren­ein­kauf und die Anmie­tung und Ein­rich­tung eines Ladens auf­zu­brin­gen. Durch Haus­kas­sie­rung von Ver­trau­ens­män­nern bei den neu­ein­ge­tre­te­nen Mit­glie­dern gelang es bald das nötige Anfangs­ka­pi­tal zusam­men zu bekom­men. Am 1. Novem­ber 1902 eröff­nete die erste Ver­tei­lungs­stelle.

Der Andrang bei der Eröff­nung des Ladens war für alle Betei­lig­ten eine große Über­ra­schung: Bereits am Eröff­nungs­tag waren die Laden­ein­nah­men so hoch wie die geschätz­ten Monats­ein­nah­men. Die Haupt­ar­ti­kel wie Kaf­fee, Mehl und Mar­ga­rine waren bereits am ers­ten Tag aus­ver­kauft. Damit began­nen die Schwie­rig­kei­ten, da nie­mand dem Kon­sum- und Spar­ver­ein Waren ver­kau­fen wollte. Die Kolo­ni­al­wa­ren­händ­ler der Unter­we­ser­orte hat­ten ange­kün­digt, jeden Gros­sis­ten zu boy­kot­tie­ren, der dem Kon­sum­ver­ein auch nur ein Pfund Ware lie­fere. Der ein­zige Lie­fe­rant war die Groß­ein­kaufs­ge­sell­schaft Deut­scher Kon­sum­ver­eine, wel­che sich leb­haft dafür ein­setzte, den Bre­mer­ha­ve­ner Kon­sum­ver­ein so schnell wie mög­lich mit Ware zu belie­fern. Den­noch dau­erte jede Lie­fe­rung meh­rere Tage. Nach­dem die nächs­ten Geschäfts­tage ähn­lich gut ver­lie­fen, hatte die erste Ver­tei­lungs­stelle am vier­ten Tag fast nichts mehr zu ver­kau­fen und musste seine Mit­glie­der bit­ten, mit dem Ein­kauf so lange zu war­ten, bis wie­der Waren vor­han­den waren.

Schon einen Monat nach der Eröff­nung der ers­ten Ver­tei­lungs­stelle konnte die zweite Ver­tei­lungs­stelle in Lehe und eine dritte in Gee­ste­münde eröff­net wer­den. Mitte Dezem­ber erfolgte bereits die Eröff­nung der vier­ten Ver­tei­lungs­stelle; eben­falls in Lehe. In den fol­gen­den Wochen voll­zog sich eine gera­dezu stür­mi­sche Ent­wick­lung, so dass die vor­han­dene Ware oft nicht aus­reichte. Der Zulauf war so stark, dass Anfang 1903 bereits fünf Ver­tei­lungs­stel­len in Betrieb waren.

Schwie­rig­kei­ten gab es neben den ver­such­ten Boy­kott­maß­nah­men der Ein­zel­händ­ler vor allem beim Han­del mit Petro­leum, einem damals für die Arbei­ter­be­völ­ke­rung wich­ti­gen Arti­kel. Die Mono­po­li­sie­rung des Petro­leum­han­dels trieb den Preis für einen Liter Petro­leum in Bre­mer­ha­ven auf 20 bis 22 Pfen­nige (Ham­burg 15 bis 16 Pfen­nige). Der Kon­sum­ver­ein unter­lief das Mono­pol durch die Beschaf­fung eige­ner Trans­port­fäs­ser und kaufte direkt an der Ham­bur­ger Börse. Er war dadurch in der Lage, bes­tes Petro­leum in Bre­mer­ha­ven für 18 Pfen­nige anzu­bie­ten.

Da sich der Vor­stand des Kon­sum- und Spar­ver­eins aus Per­so­nen zusam­men­setze, die der Sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Par­tei ange­hör­ten, wurde den Ange­stell­ten bei Post- und Tele­gra­fen­äm­tern, weil sie im Staats­dienst stan­den, die Mit­glied­schaft ver­bo­ten (Staats­be­diens­te­ten war die Mit­glied­schaft in sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Ver­ei­nen ver­bo­ten). Dies änderte sich erst mit dem Beginn des Ers­ten Welt­krie­ges.

Nach 1924 baute der Bre­mer­ha­ve­ner Kon­sum­ver­ein seine Posi­tion erheb­lich aus. Das Netz der Ver­tei­lungs­stel­len konnte ver­bes­sert und ein gro­ßer Teil von ihnen auf eige­nen Grund­stü­cken unter­ge­bracht wer­den. Im Geschäfts­jahr 1930/31 erreich­ten die Umsätze den Höchst­stand. Die Genos­sen­schaft hatte sich nach der Über­win­dung der Sta­gna­tion wäh­rend und nach der Infla­tion zur größ­ten Ver­brau­cher­or­ga­ni­sa­tion im Unter­we­ser­ge­biet ent­wi­ckelt. Es gab 40 Ver­tei­lungs­stel­len für Nah­rungs- und Genuss­mit­tel, acht Fleisch­wa­ren­ge­schäf­ten, eine eigene Groß­bä­cke­rei, Kon­di­to­rei, Fleisch­wa­ren­fa­brik, Kaf­fee­rös­te­rei, Limo­na­den­fa­brik, Schrot­mühle, Wein­kel­le­rei, Brenn­stoff­la­ger, und eine Obst- und Gemü­se­ab­tei­lung. Am 6. Dezem­ber 1930 eröff­nete der Kon­sum­ver­ein in der Bür­ger 42 ein Kauf­haus.

Mit dem Auf­kei­men des Natio­nal­so­zia­lis­mus erhiel­ten die Kon­sum­ver­eine erbit­terte Geg­ner. Beson­ders das neu­er­öff­nete Kauf­haus erweckte den Ärger der Natio­nal­so­zia­lis­ten, wel­che von nun an den Kon­sum­ver­ein in ihre anti­jü­di­schen Kam­pa­gnen gegen Waren­häu­ser mit ein­be­zo­gen. Wäh­rend der Kon­sum­ver­ein die Anfein­dun­gen anfangs noch erfolg­reich abweh­ren konnte, änderte sich die Situa­tion im Januar 1933 schlag­ar­tig. Am 12. Mai 1933 wurde der Kon­sum­ver­ein Unter­we­ser von der SA besetzt und ver­bo­ten. Die Kon­sum­ge­nos­sen­schaft konnte die befürch­tete Auf­lö­sung doch durch eine Selbst­gleich­schal­tung ver­hin­dern. Die meis­ten Ver­kaufs­stel­len wur­den pri­vat von den ehe­ma­li­gen Fili­al­lei­tern wei­ter­ge­führt.

(vgl. Her­big, 1979)

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